Was ein Hund wirklich braucht: Konsequenz und Verständnis
Ich erinnere mich gut an die Trainingszeit. Eine Übung war besonders wichtig: Rufus sollte lernen, auf seiner Decke zu bleiben. Egal, ob wir zu Besuch waren, im Restaurant oder zu Hause mit Gästen. Der Befehl lautete „Decke“ – und das bedeutete: Hier bleibe ich liegen, bis ich wieder gerufen werde. Das klappt aber nur, wenn man als Mensch auch durchzieht. Kein Streicheln, kein „Ach, hast du fein gemacht“ – sondern klare Führung.
Ein Hund braucht das. Nicht grob, nicht laut – aber eindeutig. Und er braucht Wiederholungen. Er muss verstehen, was richtig ist, und welche Konsequenzen sein Verhalten hat. Kommunikation funktioniert bei einem Hund nun mal anders. Unsere Sprache ist für ihn wie Außerirdisch. Aber ein einfaches „Sitz“ in Verbindung mit einem Handzeichen? Das versteht er – selbst wenn er im Alter schwer hört. Ich habe früh begonnen, Sprache und Gesten zu kombinieren. Heute bin ich froh darum.
Und ja: Auch Lob muss gelernt sein. Wann ist es sinnvoll? Wann belohnt es unerwünschtes Verhalten? Ich habe selbst viele Fehler gemacht. Habe anfangs vielleicht zu oft nachgegeben. Aber genau das ist ja der Lernprozess – für beide Seiten.
Der wichtigste Befehl: Hier!
Der eine Befehl, der immer sitzen muss: Hier! Wenn ein Hund diesen Befehl nicht befolgt – sofort, ohne Diskussion –, dann stimmt etwas mit der Erziehung nicht. Es darf keine Ausnahme geben. Keine Katze, kein Eichhörnchen, kein Futter darf wichtiger sein. Hier bedeutet: Du kommst. Punkt. Und nicht: Vielleicht, wenn es gerade passt.
Ich habe das Dutzende Male geübt. Unter Ablenkung, mit Futter, mit anderen Hunden in der Nähe. Es war anstrengend – aber es hat sich gelohnt. Denn am Ende geht es um Sicherheit. Für den Hund. Für andere Menschen. Für andere Tiere.
Warum ich keine Lust mehr habe
Und genau hier kommen wir zum eigentlichen Thema zurück. Ich sehe immer mehr Hundehalter, die ihren Hund nicht unter Kontrolle haben. Hunde, die bellen, kreischen, sich losreißen wollen. Menschen, die mit großen, kräftigen Tieren unterwegs sind und diese kaum halten können. Und andere, die ihre kleinen Hunde auf dem Arm durch die Gegend tragen und meinen, das sei artgerecht.
Viele Hunde sind nervös, überfordert, aggressiv – nicht, weil sie so sind, sondern weil sie keine klare Führung bekommen. Weil ihre Menschen nicht wissen, wie man mit ihnen kommuniziert. Und das macht mich traurig. Und auch wütend.
Hundeführerschein statt Wunschdenken
Ich bin mittlerweile der Meinung: Wer einen Hund halten will, sollte einen Hundeführerschein machen müssen. Mit praktischer Prüfung. Mit Nachweis. Nur wer grundlegende Kommandos beherrscht, wer seinen Hund abrufen kann und ihn kontrolliert führen kann, sollte das Recht haben, einen Hund zu halten.
Was ich nicht mehr sehen will: bellende Hunde, die stundenlang im Garten kläffen, ohne dass jemand eingreift. Hunde, die beim Gassigehen frei laufen, „weil sie ja nur spielen wollen“ – aber die fremden Hundehalter und deren Tiere damit in Gefahr bringen. Und ja, auch ich versuche dann, schnell das Weite zu suchen. Weil ich weiß, wie mein Hund reagiert – aber eben nicht, wie der andere Hund reagiert. Und weil ich immer öfter sehe, dass da draußen zu viele Menschen Verantwortung tragen, denen sie nicht gewachsen sind.
Ein Hund ist kein Lifestyle-Accessoire. Und auch kein Ersatz für emotionale Leere. Ein Hund ist ein Lebewesen mit Bedürfnissen, Instinkten und Grenzen. Wer das vergisst, tut dem Tier keinen Gefallen – und sich selbst auch nicht.
Der letzte Grund: Zeit
Der vielleicht wichtigste Punkt: Ich habe nicht genug Zeit. Als Berufstätiger bin ich oft weg. Rufus ist dann alleine. Drei Stunden. Fünf Stunden. Und auch wenn ich morgens und abends mit ihm rausgehe – das reicht nicht. Hunde sind Rudeltiere. Sie wollen Nähe, Spiel, Aufmerksamkeit. Ich kann das nicht mehr leisten. Nicht so, wie ich es für richtig halte.
Ich kenne viele Menschen, die sagen: „Ach, der Hund schläft doch eh den ganzen Tag.“ Mag sein. Aber was macht das mit einem Tier, das eigentlich auf Interaktion ausgerichtet ist? Das jeden Tag warten muss, bis endlich jemand nach Hause kommt? Für mich ist das keine artgerechte Haltung.
Ein ehrlicher Abschied auf Zeit
Ein zweiter Hund? Wäre schön – aber nicht machbar. Keine Zeit. Kein Kopf dafür. Und ich weiß, dass ich keinem Tier gerecht werde, wenn ich es nur abends mal durch den Wald scheuche. Wir brauchen Hundekindergärten, ja. Wir brauchen Modelle, die artgerecht sind. Aber bis dahin sage ich: Ich liebe Hunde. Aber ich möchte keinen mehr haben.
Vielleicht ändert sich das wieder. Vielleicht in einer anderen Lebensphase. Aber aktuell ist mein Maß voll – nicht mit Wut auf Hunde, sondern mit Respekt vor ihrer Natur. Und vor der Verantwortung, die wir für sie tragen sollten. Jeden Tag.